24.07.2017
FVR hat Spiel- und Strafordnung überarbeitet – Neue Regelungen gelten ab der Saison 2017/18
Region. Neue Saison, neue Bestimmungen: Was für den großen Fußball im millionenschweren Geschäft Bundesliga gilt, lässt sich auch auf den kleinen Fußball im Amateurbereich übertragen. Norbert Weise, Rechtswart im Fußballverband Rheinland (FVR), hat die Vereine über die wichtigsten Änderungen aufgeklärt. Diskussionen über Sinn und Unsinn des Videobeweises werden in unteren Ligen zwar weiterhin Zukunftsmusik bleiben, doch einige der Neuerungen haben durchaus das Zeug dazu, für Gesprächsstoff auf den Plätzen der Region zu sorgen.
Beendigung von Spielgemeinschaften: Geht eine Partnerschaft zu Ende, gibt es immer Verlierer – auch im Sport. Am Ende einer Spielgemeinschaft treten die beteiligten Vereine wieder in der Klasse an, in der sie davor jeweils angesiedelt waren. Was dazu führen kann, dass eine Mannschaft sich dann unterhalb der Klasse wiederfindet, in der die SG angesiedelt war.
Daran, das betont Weise, werde sich auch künftig nichts ändern. Was sich ändert: Bei Erlöschen eines Vereins müssen die SG-Partner nicht darunter leiden, sondern können selbst entscheiden, ob sie den Spielbetrieb in „ihrer“ Klasse fortführen wollen. „Wenn ein Verein keine Mitglieder mehr hat, können die anderen ja nichts dafür“, argumentiert der Rechtswart. „Vor solchen Entwicklungen sind die anderen SG-Partner ja auch nicht geschützt und sollen deshalb nicht benachteiligt werden.“
Verzicht auf sportlich erreichte überkreisliche Klassen: Der Verzicht der Spvgg EGC Wirges auf einen Verbleib in der Oberliga hat in der Endphase der Saison 2015/16 Wellen geschlagen, weil die Zurückstufung in die Rheinlandliga eigentlich den Abstieg der SG 06 Betzdorf zur Folge gehabt hätte. Die Verbandsgremien entschieden damals schnell und zugunsten der Betzdorfer, indem sie die höchste Klasse des Verbandes für ein Jahr auf 19 Mannschaften aufstockten. Eine Wiederholung dieses Falls wird es nach der jetzt erfolgten Klarstellung im Regelwerk nicht geben, wie Weise betont. „Die Rechtslage war schon immer so“, sagt der Jurist. „Wir haben das in der Überarbeitung nur noch einmal klargestellt.“ Künftig gilt: Verzichtet ein Verein auf ein Spielrecht oberhalb der Rheinlandliga, gilt er als Absteiger aus dieser Klasse – wodurch sich auch der Abstieg aus der Rheinlandliga erhöht. Will der Verein dort nicht antreten, hat er nur zwei Möglichkeiten: Entweder nimmt er das Spielrecht der nächst unteren Mannschaft des Vereins wahr oder tritt in der untersten Klasse an.
Einstellung des Spielbetriebs, Ausscheiden oder Verzicht: Von einem „komplizierten Punkt“ spricht Weise, da hier „auch öfter mal Fehler gemacht“ worden seien. Oberstes Ziel der Neuerung: Das Verfahren soll vereinfacht werden, um den Vereinen zu helfen, indem ihnen der schwierige Nachweis der zu erstattenden Kosten erspart bleibt, und sie gleichzeitig vor überhöhten Forderungen zu schützen. Im Wortlaut erklärt Weise: „Soweit die Vereine nach dem während der Saison erfolgten Ausscheiden aus dem Spielbetrieb dem Gegner zum Ersatz der Kosten und des Einnahmeausfalls verpflichtet sind, betrifft dies nicht die dem Gegner anlässlich des Hinrundenspiels bereits entstandenen (Reise-)Kosten, sondern lediglich die durch den Ausfall des Rückspiels auf eigenem Platz entstehenden künftigen Kosten und Schäden.“ Ging es bis hierhin hauptsächlich darum, wofür im Fall eines Rückzugs zu zahlen ist, geht es bei der Änderung der Strafordnung darum, wie die Umsetzung gestaltet wird. „Wir haben Paragraf 40 der Strafordnung gestrichen und diesen Komplex aus der Zuständigkeit der Sportgerichte genommen“, sagt Weise. Für jede einzelne Spielklasse wurden (und werden künftig) die zu erstattenden Beträge im Fall eines Rückzugs festgelegt. Eine Bestrafung der Vereine erfolge nicht mehr, die verbleibenden Maßnahmen wie Schadensersatz, Verwaltungsgebühren oder Spielwertungen liegen künftig im Bereich der Staffelleiter und der Verbandsgeschäftsstelle.
„Obwohl die Verwaltungsgebühren angemessen angehoben wurden, sparen die Vereine letztlich Geld“, erklärt Weise. Die Spielwertungen, die sich durch einen Rückzug ergeben, sind also nicht mehr Sache der Rechtsorgane, sondern ergeben sich aus den Spielordnungen und müssen nur noch durch die Staffelleiter umgesetzt werden.
Sonderbestimmungen bei Insolvenzen: Wird in der Zeit vom 1. Juli eines Jahres bis einschließlich des letzten Spieltags der Saison ein Insolvenzverfahren gegen einen Rheinlandligisten eröffnet beziehungsweise mangels Masse abgelehnt oder stellt ein Verein selbst einen Insolvenzantrag, werden der Mannschaft, sofern sie die klassenhöchste des Vereins ist, unmittelbar neun Punkte abgezogen. Für Mannschaften in den übrigen Klassen des Verbandes bleibt es bei der alten Regelung, nach der ein Abstieg die Folge eines rechtskräftig eröffneten oder abgelehnten Insolvenzverfahrens ist.
Stammspielerregelungen: Nach Irritationen, anschließendem Streit und in Folge einer Entscheidung des Ständigen Schiedsgerichts im Zusammenhang mit den Stammspielereigenschaften beim FSV Salmrohr stellt Norbert Weise klar, dass die Spielordnung des FVR nur die Stammspielereigenschaften im Bereich des eigenen Verbandes definieren kann – und nicht die in anderen Landesverbänden oder im Bereich der Regionalverbände. Neu sei, dass bei einem Wechsel die Stammspielereigenschaften „nicht mehr mitgenommen“ würden. Da hinter der Überprüfung der Frage, wer als Stammspieler gilt und wer nicht, oft ein hoher Aufwand aufseiten der ehrenamtlichen Staffelleiter, aber auch der hauptamtlichen Mitarbeiter des Verbandes stecke, sei diese letztlich vereinfacht worden, so Weise. Bei der Berechnung ist künftig jedes Pflichtspiel (Liga, DFB-Pokal, Rheinlandpokal, Kreispokal) zu zählen – auch dann, wenn Spiele nachträglich aus der Wertung genommen werden. Jede Mitwirkung zählt, unabhängig davon, wie lange ein Spieler auf dem Platz stand oder warum er eventuell vorzeitig ausgeschieden ist. Bei Stammspielern gilt zudem diese knifflige Regelung: Selbst wenn er an einem Pflichtspiel nicht aktiv mitwirkt, wird dies als „möglicher Einsatz“ gewertet – ganz unabhängig vom Grund für das Fehlen (Verletzung, Sperre oder ähnliches).
Spielerlaubnis bei Vereinswechsel von Asylsuchenden und Flüchtlingen: Eine bis 30. Juni 2019 befristete Regelung soll den Vereinswechsel (nicht die Neuaufnahme!) von Asylsuchenden und Flüchtlingen erleichtern. Spieler, die bereits ein Spielrecht in der Nähe der Erstaufnahmeeinrichtung haben, können demzufolge auch außerhalb der Wechselfristen zu einem anderen Verein wechseln, in dessen Kommune sie zugewiesen wurden. Die sechsmonatige Wartefrist entfällt. Keinen Einfluss hat diese Änderung, wenn zum ersten Mal das Spielrecht in Deutschland beantragt wird. Die Prüfverfahren, ob der Spieler in seiner Heimat eventuell noch einen gültigen Vertrag hat, bleiben bestehen.
Spielverlust bei Unterschreiten der Mindestzahl von Spielern: Unterschreitet eine Mannschaft die vorgeschriebene Mindestzahl von Spielern (Sieben bei 9er- und 11er-Mannschaften auf großem Feld; Sechs bei 9er-Mannschaften auf verkleinertem Feld von Strafraum zu Strafraum; Fünf bei 7er-Mannschaften), hat der Gegner gewonnen. „Damit ist die Sache klar“, sagt Norbert Weise. „Der Schiedsrichter muss bei Unterschreitung abbrechen.“ Das gelte auch, wenn eine Mannschaft ohne eigenes Verschulden unter diese Grenze komme. In einem solchen Fall konnten die betroffenen Mannschaften bislang den Spielabbruch „berechtigt verlangen“.
Diskriminierung: Künftig werden auch Diskriminierungen in Bezug auf soziale Herkunft, Geschlecht und die sexuelle Orientierung sowie rassistisches und/oder menschenverachtendes Verhalten geahndet.
Autor
Rhein-Zeitung