21.10.2020
SV Dernau: Einführung des Videobeweises im Fußballkreis Rhein/Ahr durch die Hintertür
Dernau. Seit dem Jahr 2020 errichtet die Fa. Soccerwatch TV immer mehr Video-TV Anlagen in den Stadien des Fußballkreises Rhein/Ahr.
Diese automatischen Übersichtskameras sollen eigentlich den Vereinen helfen, mit den Spielern eine Videoanalyse durchführen zu können, sowie die Zuschauer, die nicht am Platz sein können, an den Spielen ihres Vereins teilhaben zu lassen.
Nun haben aber ein Schiedsrichter und der Vorsitzende der Kreisspruchkammer diese Kameras für sich entdeckt. Es gibt nämlich jetzt einen Präzedenzfall im Fußballkreis Rhein-Ahr in der Kreisliga D/Ahr in der Begegnung zwischen dem SV Oberzissen III und der SG Dernau/Mayschoß II.
Dort sichtete ein Schiedsrichter nach Spielende die Aufzeichnung von Soccerwatch und leitete über den Spruchkammervorsitzenden ein Verfahren gegen einen Spieler der Gäste ein.
Ihm wird vorgeworfen, Zitat: Das er seinen Gegenspieler mit der flachen Hand ins Gesicht fasst und ihn dabei „wegwischt“. Dies führte zu einer Vorsperre des Spielers, und der Einleitung eines Verfahrens.
Was zur Auslösung dieser Nachbetrachtung führte, ist nicht bekannt. Werden nun zukünftig die Schiedsrichter die Spiele teilweise oder alle nachbetrachten, und nachfolgende Sperren durch die Spruchkammern erwirken? Oder setzen die Zuschauer den Schiedsrichter unter Druck, um eine Videoauswertung zu erzwingen? Oder man kennt sich, und Spieler oder Vereine veranlassen solche Nachbetrachtungen? Dies würde bedeuten, dass die Vereine erstmal Tage warten müssten, bis die endgültige Wertung ihrer Spiele feststeht.
Davon abgesehen, dass solche Videoaufnahmen rechtlich grundsätzlich zumindest sehr bedenklich sind, öffnet dieses Gebaren künftig Spruchkammern und Schiedsrichtern das Wirken in einer rechtlichen Grauzone.
Es ist nirgendwo geregelt, wann auf die Aufnahmen zugegriffen werden darf.
Dass eine Spruchkammer das tut, ist auch den Vereinen nie mitgeteilt worden.
Auf Anfrage beim Kreisvorsitzenden des Fußballkreis Rhein/Ahr, Dieter Sesterheim, teilte dieser dem Verein mit, dass auch er diese Auswertungen für sehr bedenklich hält. Er hätte jedoch keine Weisungsbefugnis gegenüber der Spruchkammer, und könne daher nichts tun.
Der SV Dernau als Verein hat nun Beschwerde gegen die Nutzung dieser Videoaufzeichnungen eingelegt. Das Verfahren befindet sich jetzt bei der Bezirksspruchkammer. Rechtliche Bewertungen durch den Kreis und den Fußballverband Rheinland hat der SV Dernau eingefordert, aber bisher halten sich die Verantwortlichen dort gegenüber dem Verein zurück.
In der Bundesliga kommt es zu Fehlentscheidungen trotz des Einsatzes vieler Kameras. In der Kreisliga hingegen reicht eine Übersichtskamera der Spruchkammer Rhein/Ahr aus, um ein Verfahren einzuleiten und Spieler zu sperren.
Der SV Dernau verweist in seiner Beschwerde deshalb auf den § 17, Satz 4 der Rechtsordnung des FV Rheinland, in der wie folgt begründet wird: „Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters auf dem Spielfeld sind unanfechtbar. Einer Nachprüfung durch die Rechtsorgane unterliegen sie nicht. Sie können auch durch fotografische Aufnahmen und durch Filme nicht widerlegt werden.“
Der SV Dernau stellt nun die Frage, wie die Heranziehung dieser Daten zukünftig geregelt werden soll?
Die Kosten für die Kameras tragen im Übrigen in der Regel die Vereine.
Der SV Dernau möchte aber auch ausdrücklich klarstellen, dass aus seiner Sicht bei eindeutig strafrechtlichen Verstößen, wie etwa Schlägereien, tätlichen Angriffen auf Schiedsrichter, randalierenden Zuschauern, trotz der Rechtslage durchaus auf diese Bilder zugegriffen werden kann und soll.
Aber wie weit geht das denn beim Sportlichen?
Wenn demnächst ein Abseitstor zum Abstieg einer Mannschaft führt? Wie ist es, wenn ein Schiedsrichter ein eindeutiges Handspiel im Strafraum übersieht, und die Mannschaft durch den nicht gegebenen Elfmeter den Aufstieg verpasst? Es gäbe Dutzende weitere Situationen. Sitzen dann zukünftig die privaten „Videoschiedsrichter“ zu Hause und die Vereine legen Beschwerde gegen die Wertung dieser Spiele ein? Wer soll und will das alles bei den Spruchkammern bewerten?
Aus den zuvor genannten Gründen, fordert der SV Dernau die Abschaffung des Videobeweises in den Kreisklassen bei sportlichen Delikten ohne strafrechtliche, beleidigende oder rassistische Substanz.
Pressemitteilung des SV Dernau
Autor
Blick Aktuell
Blick Aktuell Heimatzeitung