Nicht alle Vereine sind für Abbruch der Saison – Auch Votum für Fortsetzung – Susa und Hirt wünschen sich bundesweit einheitliche Regelung
Kreisgebiet. Der Fußballverband Rheinland (FVR) hat die Initiative ergriffen, einen Vorschlag gemacht, wie es mit der unterbrochenen Saison 2019/20 weitergehen soll, und den Ball den Vereinen zugespielt. Der Verband plädiert für einen Abbruch, bei dem es keine Absteiger gibt und die Tabellenführer aufsteigen (bei Punktgleichheit die Mannschaft mit dem besseren Quotienten). Nun sollen sich bis zum 27. April die Vereine dazu äußern, das Meinungsbild soll dann in die Beratung des Beirats des Verbandes einfließen, der im Mai tagen und einen bindenden Beschluss fassen wird. Was denken die Vereine in Kreis Rhein/Ahr darüber?
Den Blick nach oben haben in der A-Klasse der Primus SV Oberzissen (rechts Tobias Dahm) und die SG Westum/Löhndorf (links Tim Palm) gerichtet. Sportlich wird das Duell um die Meisterschaft nicht mehr entschieden, geht es nach dem FVR. Der möchte nun die Meinung seiner Vereine wissen. Foto: Vollrath
Der Ahrweiler BC weist bei der vorgeschlagenen Lösung auf ein spezielles Problem hin, das ihn wie den TuS Oberwinter als Nachbar des Fußballverbandes Mittelrhein betrifft. Trainer Jonny Susa stimmt dem FVR grundsätzlich zu: „Wenn die Saison sportlich nicht bis zum 31. August beendet werden kann, ist der Ansatz in Ordnung.“ Höchst beunruhigt zeigte er sich allerdings von dem Umstand, dass im Bereich Mittelrhein die Saison nicht abgebrochen, sondern ab dem 1. September fortgesetzt werden soll, so der Wunsch des Verbandes.
Was den ABC unmittelbar betrifft, hat der doch mit Yannick Walbröl (Landesligist VfL Alfter), Alexandros Liontosv (Oberligist FC Blau-Weiß Friesdorf) und Maximilian Höfs (von Bezirksligist SV Rot-Weiß Merl) drei starke Neuzugänge aus eben dem Bereich Mittelrhein. Mit Damir Mrkalj kommt ein weiterer Spieler aus Hessen, wo das weitere Vorgehen noch offen ist. „Was passiert mit diesen Spielern? Müssen sie dort die Saison zu Ende spielen?“, fragt Susa: „Das wär eine Wettbewerbsverzerrung. Ich denke, der DFB muss da für eine einheitliche Lösung in allen Landesverbänden sorgen.“ Das sieht auch Cornel Hirt so. Wobei der Trainer des Bezirksligisten TuS Oberwinter keineswegs für einen Abbruch plädiert: „Keine Frage, die Saison muss zu Ende gespielt werden.“ Der Tabellenführer habe es verdient, aufzusteigen, die Letzten aber auch verdient, abzusteigen. Was für ihn entscheidend ins Gewicht fällt: „Wir wissen doch gar nicht, wann überhaupt wieder gespielt werden kann. Ich glaube kaum, dass am 1. September die neue Saison beginnen kann. Vielleicht auch gar nicht mehr in diesem Jahr. Und was dann?“
Wenn die aktuelle Saison nun im Mittelrhein und wohl auch in Bayern fortgesetzt werde, müsse der FVR nachziehen, auch mit Blick auf die oberen Ligen: „Irgendwann laufen die Klassen doch zusammen, das muss einheitlich geregelt werden.“ Im Kreisligaoberhaus war der SV Oberzissen vor der Corona-Pause auf dem besten Weg, den Aufstieg in die Bezirksliga zu realisieren. Sechs, respektive neun Punkte Vorsprung beträgt der Vorsprung vor den Verfolgern SG Westum/Löhndorf und der SG Ettringen/St. Johann. Oberzissens Trainer Tobias Dedenbach ist zwiegespalten: „Natürlich würden wir den Aufstieg am liebsten sportlich auf dem Platz für uns entscheiden und eine rauschende Meisterparty feiern. Allerdings wäre die Saison durch die Spielpause derart zerpflückt, dass es sich dann auch komisch anfühlen würde. Immerhin wird unserer Leistung durch die beiden Szenarien nicht unter den Tisch gekehrt.“ Der Zweite, die SG Westum/Löhndorf, hätte in den neun verbleibenden Rückrundenspielen die Möglichkeit gehabt, den SVO noch abzufangen. Dennoch meint Westums Trainer Rolf Seiler: „Für uns wäre ein Abbruch schon bitter, jedoch wäre es absolut unfair gegenüber Oberzissen, wenn deren Leistung durch eine Annullierung nicht honoriert würde.“
Der Trainer der SG Ettringen/St. Johann, Tomas Lopez, hat eine klare Meinung: „Der FV Mittelrhein ist für eine Weiterführung der Saison, sobald dies möglich ist. Das wäre auch meine bevorzugte Variante. Dass wir mit neun Punkten Rückstand keine realistische Chance auf die Meisterschaft haben, steht außer Frage. Generell sollten aber alle Entscheidungen im Fußball durch einen sportlichen Wettkampf fallen und nicht am grünen Tisch.“
Mit dem SV Rheinland Mayen gibt es in der Saison 2019/20 eine Mannschaft im Kreisoberhaus, die mit nur fünf Punkten weit abgeschlagen auf dem letzten Platz rangiert. Durch einen möglichen Abbruch würde der nicht mehr für möglich gehaltene Klassenverbleib plötzlich wieder Realität werden. SVR-Vorsitzender Andreas Lanser will noch keine konkrete Aussage tätigen: „Wir könnten uns weder bei einem Abstieg noch bei einem durch die Maßnahmen möglichen Klassenerhalt freuen. Die Mannschaft bleibt uns erhalten, ob wir aber nicht doch freiwillig den Gang in die B-Klasse antreten würden, kann ich noch gar nicht sagen.“
In der Kreisliga B Ahr hat die SG Landskrone Heimersheim bei neun verbleibenden Spielen fünf Punkte Vorsprung auf den SV Kripp. Einen Aufstieg würden die Heimersheimer sicherlich annehmen, große Freude will aber nicht aufkommen. „Egal wie, es ist eine doofe Sache. Es fehlt der sportliche Anreiz, eine Feier, alles was dazugehört halt. Am Grünen Tisch will man eigentlich keine Entscheidungen, aber ein Saisonabbruch ist wohl nicht abzuwenden“, sagt Heimersheims Trainer Michael Radermacher. Das meint auch Marc Göttlicher, zweiter Vorsitzender des SV Kripp: „Unterm Strich ist ein Abbruch sicher richtig. Zu den Relegationsplätzen wurde nicht Konkretes gesagt. Wir würden uns sehr freuen über die Möglichkeit, in der A- Klasse zu spielen, gehen aber davon aus, nächste Saison wieder in der B-Klasse anzutreten.“
Am Tabellenende hatte die SG Gönnersdorf-Brohl einen Punkt weniger als die SG Franken/Königsfeld/Koisdorf auf dem Konto, allerdings auch noch ein Spiel weniger absolviert. „Wir würden es befürworten, wenn niemand absteigen muss. Wir waren optimistisch, dass wir den Abstieg hätten vermeiden können. Der FVR-Vorschlag wäre vermutlich die fairste Lösung und die, die am Ende am wenigsten Unruhe stiften würde. Ein freiwilliger Rückzug in die C-Klasse stand für uns nie zur Debatte“, so Gönnersdorfs Coach Dennis Schütz.
Frankens Trainer Thomas Ockenfels meint: „Wir spielen natürlich lieber B- als C-Klasse. Für einen Abbruch haben wir uns ohnehin schon ausgesprochen, alles andere macht kaum Sinn. Vielleicht wäre es fairer, wenn es keine Absteiger gibt, auch auf Aufsteiger zu verzichten.“
Autor
Rhein-Zeitung