Gerade erst darf der Nachwuchs wieder trainieren, da gibt es einen Dämpfer – Jeder ab 15 Jahre muss zuschauen – Kein Kontakt erlaubt
Kreisgebiet. „Mal sehen, ob wir den Ball noch treffen“, hatte Bernd Boeder auf dem Weg zum ersten Fußballtraining mit seiner D-Jugendmannschaft seit langer, langer Zeit noch gesagt. Seit vier Monaten, genauer gesagt. Aus den Worten des Jugendleiters beim TuWi Adenau klang eine gehörige Portion Vorfreude.
Die erfüllte sich dann zwar auch beim ersten Training, nur folgte allzu bald schon wieder die Ernüchterung. Die ersten Lockerungen hatten nicht lange Bestand, nachdem die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen die maßgebliche Grenze von 50 Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner überschritten hatte, traten in den Städten und Kreisen mit einem Wert von über 50 gleich wieder Beschränkungen in Kraft. So auch im Kreis Ahrweiler, der am Montag bei einem Wert von 98 lag. Daraufhin hat die Kreisverwaltung eine Allgemeinverfügung herausgegeben. Darin heißt es zwar:
„Training im Amateur- und Freizeitsport ist in Gruppen von bis zu 20 Kindern bis einschließlich 14 Jahre und einer Trainerin oder einem Trainer im Außenbereich und auf öffentlichen und privaten Außensportanlagen zulässig.“ Allerdings folgt dabei noch die wichtige Einschränkung: „Hierbei gilt das Abstandsgebot nach § 1 Abs. 2 Satz 1 während des gesamten Trainings.“ Heißt: Es muss also kontaktfrei trainiert werden. Und ab 15 Jahre geht nichts mehr.
Endlich wieder auf dem Platz, endlich wieder den Ball am Fuß: Die Freude war groß bei Kindern und Jugendlichen wie hier beim Ahrweiler BC , wieder trainieren zu dürfen. Aber kaum war es wieder möglich, gab es angesichts der gestiegenen Inzidenz schon wieder Einschränkungen per Allgemeinverfügung. Foto: Vollrath
Die Altersregelung stellt sich besonders für die C-Jugend als knifflig dar, in der es 14- und 15-Jährige gibt. Die einen dürfen, die anderen nicht. „Das ganze System ist nicht bis zum Ende durchdacht“, meint Boeder. Bei den Adenauer C-Junioren guckt nun ein 15-jähriger Spieler in die Röhre, der zuschauen muss, seine 19 weiteren Mannschaftskollegen sind noch 14.
Natürlich ist die Versuchung dann groß, vielleicht mal ein Auge zuzudrücken. Aber daran glaubt Frank Loosen nicht: „Da werden alle vernünftig sein“, meint der Vorsitzende des JFV Zissen: „Ich bin sicher, dass die Eltern aufpassen. Es möchte sich doch keiner angreifbar machen.“
Während etwa in Adenau schon zum ersten Mal der Ball wieder gerollt ist, hatte sich der Nachwuchs vom JFV Zissen noch gedulden müssen, bis die Plätze in Niederzissen, Oberzissen und Wehr alle freigegeben sind. Darum soll es dort erst in dieser Woche losgehen. „Mit Ruhe und Bedacht sowie Schwung und Vorsicht“, betont Loosen. Die sei schließlich geboten, zumal einige Eltern auch noch zurückhaltend reagiert hätten. Erst recht nach den neuerlichen Beschränkungen.
„Klar, sicher ist man sich nie“, sagt Loosen, der aber auch klarstellt: „Wir freuen uns erst mal, dass wir wieder trainieren dürfen. Endlich mal wieder raus, endlich mal wieder vor den Ball treten, ein wenig Abwechslung: Das war doch mal notwenig.“ Aber nicht nur er fragt sich, wie lange das möglich sein wird.
Ob es sich da lohnt, überhaupt wieder anzufangen? „Ja“, meint Loosen: „Es ist doch auch für die Eltern eine Erleichterung, wenn sich der Nachwuchs wieder mal austoben darf.“ Das sieht auch Boeder vom TuWi Adenau so: „Natürlich ist es erst einmal wichtig, dass die Kinder sich wieder bewegen können. Sie werden ja immer unfitter, erst recht in Coronazeiten. Die Zunahme des Medienkonsums ist schon bedenklich.“ Die erste Trainingseinheit hat ihn jedenfalls bestätigt: „Es hat riesig Spaß gemacht, und nicht nur den Kindern.
Die Trainingsbeteiligung lag bei 100 Prozent.“ Dafür hatte er auch nicht lange die Werbetrommel rühren müssen: „Innerhalb von anderthalb Stunden hatte ich die Zusagen von allen 15 Spielern“, erzählt der Jugendleiter.
Ähnliche Erfahrungen hat auch Gerd Treffer beim Ahrweiler BC gemacht, wo seit Mittwoch wieder der Ball rollt. „Jede Altersklasse hat seitdem ein Mal trainiert. Und es hat nirgendwo eine Absage gegeben“, berichtet der ABC-Jugendleiter. Und auch er stellt klar: „Alle sind froh, dass sie wieder auf den Platz dürfen. Ich auch. Es ist doch ein so tolles Gefühl, wenn der Ball wieder mal im Netz zappelt.“ Bitter nur für die, die jetzt wieder zuschauen müssen. Das Training angesichts der steigenden Zahlen vorsichtshalber doch lieber auszusetzen, kommt auch für den Adenauer Boeder derzeit nicht infrage: „Es ist einfach zu wichtig, dass sich die Kinder wieder mal bewegen. Und in die Schule dürfen sie ja auch gehen.“
Gerd Treffer sieht es ähnlich: „Kinder sind doch bei den ganzen Regeln mehr und mehr orientierungslos. Was sie in der Schule oder bei der Anfahrt dürfen, ist auf dem Platz wieder verboten. Die Vorschriften gehen oft an der Praxis vorbei.“
Alles nicht so einfach also für Vereine und Trainer, auch durch die Verordnung: „20 Kinder plus ein Trainer“ sind erlaubt, heißt es da. Was die Arbeit für die Trainer erheblich erschwert. Auch deshalb lässt der Ahrweiler BC lieber Vorsicht walten. Treffer: „Wir schränken uns lieber ein.“ Unabhängig von offiziellen Verlautbarungen hatte man in Ahrweiler auch schon vor der neuerlichen Einschränkung beschlossen, grundsätzlich kontaktlos zu trainieren. „Sicher ist sicher“, lautet auch die Devise bei der Größe der Trainingsgruppe: lieber zehn Spieler plus ein Trainer als 20. „Wir fühlen uns gut gerüstet, aber ich kann mir auch vorstellen, dass es schnell Probleme gibt“, sagt Treffer.
Zumindest hat sich der ABC schnell mit der Stadt verständigt, ob und ab wann die Kinder zeitnah wieder auf die Plätze dürfen. Aber auch sonst gibt es für die Vereine viel abzuklären und abzustimmen, etwa mit allen Trainern, die instruiert werden wollen.
Viel Aufwand, viele Vorschriften, dabei aber auch immer wieder unbeantwortete Fragen wie etwa die: „Wer soll das denn mit den Eltern oder Verwandten prüfen, die die Kinder und Jugendliche zum Training begleiten?“, fragt Treffer, der auch der Corona-Beauftragte des ABC ist. Erlaubt sind Verwandte ersten und zweiten Grades. Ältere Jugendliche könnten ja auch allein zum Training kommen oder ohne Begleitung trainieren. „Aber bei Jüngeren ist das nicht so einfach“, gibt der Jugendleiter zu bedenken. Hauptsache aber, dass wieder gemeinsame Bewegung beim Training möglich ist, und sei es auch kontaktlos. „Das sehe ich nicht so kritisch“, erklärt Treffer: „Man kann immer noch Passübungen machen, Ballübungen, Torschuss. Das bringt doch auch schon Spaß.“ Doch wohl auch nur die erste Zeit, nach ein paar Wochen dürfte die anfängliche Begeisterung schwinden. Aber so weit denkt man besser nicht.
An die Wiederaufnahme des Spielbetriebs glaubt so bald jedenfalls kaum jemand, erst einmal herrscht einfach nur Zufriedenheit vor, dass überhaupt wieder etwas geht. Und selbst da besteht Skepsis: „Mal abwarten, wie lange wir jetzt auf die Plätze dürfen“, meint Boeder mit sorgenvollem Blick auf steigende Infektionszahlen. Ab einer dreitägigen Inzidenz von über 100 drohen jedenfalls die nächsten Einschränkungen.
Autor
Rhein-Zeitung