So sehr der Jugend das Training auch fehlt, verzichten unter den aktuellen Auflagen viele Vereine auf ein Trainingsangebot
Kreisgebiet. „Was wäre ich froh, wenn sich unser Justin mal wieder nach dem Fußballtraining müde ins Bett fallen lassen würde!“ Viele Mütter werden mitfühlen mit Carina Durben, der Vorsitzenden des FC Spessart: „Unser Sohn spielt in der D-Jugend der SG Kempenich/Spessart/Rieden/Volkesfeld und hat in diesem Jahr bisher nur einmal trainiert. Dann gingen die Inzidenzzahlen wieder hoch, und das war es dann auch“, erzählt sie.
Sie ist mit diesem Kummer nicht allein: „Wie ich von vielen anderen Müttern weiß, wären sie froh, wenn die Kinder endlich wieder Fußball spielen könnten. Sie berichten auch von deutlicher Gewichtszunahme bei ihren Sprösslingen. Es fehlt aber nicht nur an der Bewegung, sondern auch an wichtigen sozialen Kontakten.“
Für kurze Zeit gab es im Rahmen von Lockerungen die Möglichkeit, in größeren Gruppen zu trainieren. Voller Enthusiasmus
nahmen die meisten Vereine den Betrieb wieder auf. Doch die Freude währte nicht lange. In die Höhe schnellende Inzidenzwerte sorgten für ein baldiges Ende. Die Bundesnotbremse sieht vor, dass nur Kinder bis 13 Jahre in Kleingruppen bis fünf Teilnehmern (inklusive eines Trainers mit negativem Tagestest) kontaktlos im Nachwuchsbereich trainieren dürfen.
Unter Berücksichtigung des Sicherheitsabstands ist lediglich ein Torwarttraining oder das Schlagen von Flanken möglich. So verwundert es kaum, dass Jugendtraining unter diesen Voraussetzungen wenig Sinn ergibt und daher auch weitgehend unterbleibt.
Der Ahrweiler BC bietet seinen Nachwuchsspielern diese eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten an. „Die Jungkicker mit Videos von Laufchallenges, Onlinetraining oder dem Hochhalten von Klopapierrollen bei Laune halten, ist nach über einem Jahr Pandemie nicht mehr möglich“, erklärt ABC-Jugendleiter Gerd Treffer, der sich mit den vorgegebenen Möglichkeiten wenig anfreunden kann.
„Warum 13-Jährige am Training teilnehmen dürfen und 14-Jährige nicht, bleibt mir ein Rätsel. Die Gefahr ist groß, dass sich deswegen die Nachwuchssportler von ihren Vereinen abwenden, wodurch künftig auch Defizite physischer wie psychischer Art bei vielen Kindern zu befürchten sind. Eine Ansteckungsgefahr beim Außensport ist nach Meinung vieler Fachleute beinahe ausgeschlossen“, sagt er.
Und so machten die D-Junioren einen erneuten Versuch, sich trotz eingeschränkter Bewegungsfreiheit zum gemeinsamen Training zu treffen. Julian Hilberath und Marc Viehfeger begrüßen ihre Schützlinge nicht mit obligatorischem Handschlag, sie sprühen Desinfektionsmittel auf die Handflächen. Die beiden Trainer teilen ihren Kader in eine Achter- und Neunergruppe auf, wovon jeder zeitversetzt jeweils die Hälfte übernimmt.
Im Quartett absolvieren die Nachwuchskicker ein Trainingsprogramm, das nahezu ausschließlich auf Technikübungen beschränkt bleibt. Dennoch war den Jugendlichen die Begeisterung anzumerken. „Es ist ein Anfang, mehr bleibt uns im Moment nicht übrig. Doch den Kids hat das wirklich gefehlt“, ist Hilberath überzeugt: „Um ihnen schmerzlich Vermisstes wieder teilweise zu ermöglichen, sollten uns die zusätzlichen Mühen wert sein.“
Mit baldigen Lockerungen und einer deutlichen Verbesserung der Situation rechnet Hilberath vorerst nicht. Ähnlich sehen es viele seiner Kollegen im Fußballkreis Rhein/Ahr. Martin Fuchs, Jugendleiter bei der SG Eintracht Mendig/Bell, hofft immerhin, dass im Laufe des Juni wieder in Mannschaftsstärke trainiert werden kann. „Das wäre auch wichtig im Hinblick auf die nächste Saison. Wir könnten die Vorbereitungsphase für die neu zusammengestellten Mannschaften einläuten. Nach meiner Kenntnis wollen alle weitermachen. Das betrifft nicht nur unsere Jugendspieler, sondern auch die Trainer und Betreuer. Wenigstens ein Hoffnungsschimmer in diesen tristen Zeiten. Und ich bin mir absolut sicher, dass alle schon ganz jeck sind darauf, endlich wieder loszulegen.“
Mit einer Riesenbegeisterung starteten die F-Junioren des JFV Zissen ins Training, als das um Ostern möglich war. „Natürlich haben wir Wert darauf gelegt, dass Abstände eingehalten wurden. Auf ein Spiel mussten wir noch verzichten“, berichtet Trainer Torsten Friedsam. „Aber nach so langer Enthaltsamkeit waren die Jungen auch bei Übungen voll dabei, die sie sonst eher mit Widerwillen ausführen.“ Nach zwei Einheiten war aber schon wieder Schluss. „Mit nur fünf zu trainieren, macht wenig Sinn. Wir warten lieber ab, bis es wieder mit allen 17 möglich ist“, sagt Friedsam.
Was hat sich in der SG Westum/Löhndorf in den vergangenen Monaten getan? Hierzu Jugendleiter Erwin Ritterrath: „Wir haben den Trainingsbetrieb bis heute eingestellt. Im März konnte wieder in Gruppen von bis zu 20 Teilnehmern trainiert werden. Wir haben aber im Vorstand beschlossen, die Lockerungen vorerst nicht mitzugehen. Aus unserer Sicht war es den verantwortlichen, ehrenamtlichen Trainern und Betreuern nicht zuzumuten, die Verantwortung für die zahlreichen Einschränkungen und Auflagen- auch vor dem Hintergrund der damals steigenden Inzidenz - zu übernehmen“, sagt Ritterrath: „Wenig später hat uns dann die Entwicklung überrollt, es gab keine Spielräume mehr, um den Trainingsbetrieb aufzunehmen. Unser Vorgehen ist bei allen Trainern und Betreuern auf Zustimmung gestoßen. Wir haben eine einheitliche Regelung getroffen und die Entscheidung über die Aufnahme des Trainings nicht an die einzelnen Trainer übergeben.“
Laut Ritterrath hat es bisher weder bei den Kindern und Jugendlichen Abmeldungen gegeben. „Auch unsere Trainer und Betreuer sind noch alle an Bord. Für die kommende Saison werden wir die gleichen Mannschaften wie in der Saison 2020/2021 melden. Vonseiten des Vereins haben wir, soweit es möglich war, Kontakt zu den Trainern und Betreuern gehalten. Es fehlt weitgehend das persönliche Gespräch, das durch digitale Kontakte nur sehr eingeschränkt ersetzt werden kann. Bei den D-Junioren hat der Trainer ein Punktesystem entwickelt, womit sportliche Aktivitäten bewertet werden. Unsere A-Junioren waren sportlich aktiv und haben Waldläufe gemacht", berichtet der Westumer Jugendleiter. „Wir hoffen, dass im Sommer der Trainings- und Spielbetrieb wieder aufgenommen werden kann.“
Weitgehend auf technische Übungen beschränkt blieb das Training, das die D-Junioren des Ahrweiler BC kürzlich absolvierten. Foto: Hans-Josef Schneider
Kreisjugendleiter Dieter Jerrentrup (Bad Neuenahr-Ahrweiler) bringt die missliche Lage im Jugendbereich so auf den Punkt: „Eigentlich wären wir jetzt in der entscheidenden Phase der Saison. Aber nichts passiert auf dem Platz. Und das vollkommen zurecht. Solange das Virus grassiert, ist das die einzig richtige Entscheidung. Wann der Ball wieder rollt, weiß niemand - besonders unter dem Aspekt, dass es noch keinen zugelassenen Impfstoff für Kinder gibt.“ Was die nähere Zukunft betrifft, bleibt er skeptisch: „So halte ich den üblichen Saisonstart des Kinder- und Jugendfußballs zum Beginn des neuen Schuljahres noch für unwahrscheinlich.“
Jerrentrup, der nur noch kurze Zeit als Jugendchef des Rhein/Ahr-Kreises amtiert und beim nächsten Kreisjugendtag (geplant für den 7. Juni in Kripp) nicht mehr kandidieren wird, wirft einen Blick voraus: „Der Verband wird das Meldefenster wie üblich öffnen. Wie viele Jugendmannschaften dann noch gemeldet werden, wird sich zeigen. Vermutlich deutlich weniger als mit dem üblichen seit Jahren zu beobachtenden Rückgang erklärbar wäre.“
Die Qualifikationsrunde im Herbst soll in kleineren Gruppen stattfinden, um weiteren Shutdowns oder einem späteren Anfangszeitpunkt entgegenzuwirken. Es wird wieder eine kreisübergreifende Einteilung der Leistungs-/Kreisklassen bei den A- und B-Junioren geben. Aber auch hier in kleineren Staffeln. Die neue Kinderspielform Funino soll für F-Junioren verpflichtend werden. Frank Loosen vom Verbandsjugendausschuss und Verbandstrainer Clemens Decker werden in Kürze in Kreis Rhein/Ahr eine Videokonferenz zu diesem Thema anbieten.
Jugendausschuss des Fußballverbandes überlegt, wie es weitergeht
Mit der Frage, wie es nun weitergeht, beschäftigt sich derzeit der Jugendausschuss des Fußballverbandes. Dessen Mitglied Frank Loosen (Oberzissen) erklärt: „Der Verbandsjugendausschuss wünscht sich, genau wie die Kinder und Jugendlichen, deren Eltern und Freunde, endlich die Rückkehr auf den Fußballplatz. Nach dem Abbruch der Saison besteht vielleicht noch die Möglichkeit, wenn die Inzidenzwerte es zulassen, die neue Kinderspielform bei den F-Junioren anzubieten.“ Bei den Kinderspieltreffs kommen Teams mit maximal fünf Spielern zusammen und spielen im drei gegen drei auf vier Tore. Der Verbandsjugendausschuss beschäftigt sich aktuell mit der Frage, wie die Spielzeit in der kommenden Saison aussehen kann. Von kleineren Staffeln bis zu Qualifikationsturnieren ist vieles möglich. „Ziel sei es, ein sportliches Ergebnis in allen Jugendklassen zu erreichen“, erklärt Loosen.
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Rhein-Zeitung