Herr Desch, Sie haben bis zum Schluss darum gekämpft, die Saison doch noch irgendwie fortzusetzen. Jetzt ist sie abgebrochen und wird annulliert. Wie enttäuscht sind Sie, dass dieser Kampf aussichtslos war?
Ich bin nicht enttäuscht, weil mir von Anfang an klar war, dass das ein Kampf ist, der nicht darüber entschieden wird, wie ich kämpfe, sondern wie die Rahmenbedingungen sind. Trotzdem meine ich, wir haben es richtig gemacht, auch mit der Terminierung. Wir haben alles offen gelassen, solange noch was offen war. Dass es so ausgehen würde, war jetzt schon seit zwei Wochen mindestens klar durch die Steigerung der Zahlen und die neuen Mutationen.
Warum ist die Entscheidung dann jetzt erst getroffen worden?
Die Tendenz für die Entscheidung ist schon zwei, vielleicht drei Wochen da. Meine ersten Aussagen waren von Anfang Februar. Da wurde so noch nicht von der dritten Welle gesprochen. Als die kam und die Zahlen hochgingen, wurde es deutlicher. Im Februar sah es so aus, als ob man vielleicht Ende April noch einmal anfangen kann. Die Lage hat sich natürlich nicht an einem Tag geändert. Und wenn wir das jetzt am Samstag entschieden haben, dann liegt es auch daran, dass wir unsere internen Abläufe mit dem Beirat so festgelegt hatten. Das haben wir im letzten Jahr auch so gemacht. Dazu haben wir jetzt noch die Befragung der Vereine gemacht.
Die Befragung ist klar ausgefallen.
Ich habe erwartet, dass es so ausgeht. Dass es jetzt 86:14 geworden ist, zeigt, dass von Tag zu Tag diejenigen, die gerne weitergespielt hätten, immer weniger geworden sind. Mir haben Leute anfangs geschrieben, dass sie unbedingt weiterspielen wollen, die nun sagen: Jetzt würde ich das nicht mehr schreiben.
Also hat sich die Meinung der Vereine in dieser Zeit geändert?
Ja, aber wir hatten ja keine Gesamtübersicht. In diesen Konferenzen waren es keine richtige Abstimmungen. Wir haben sechs Konferenzen gemacht, und da hat sich das schon gedreht, von deutlicher Mehrheit zum Weiterspielen über unentschieden bis jetzt zu einer deutlichen Mehrheit im März für den Abbruch. Die Leute haben immer gehofft, und ich habe die Hoffnung ja auch genährt. Die Vereine waren mehr und mehr der Auffassung, es geht nicht mehr.
Hat es Sie geärgert, dass Ihnen mögliche Starttermine wie der 18. oder 25. April auf die Füße gefallen sind?
Nein, ich bin da nicht beleidigt, ganz und gar nicht. Ich bin genau wie andere Menschen und Organisationen von den politischen Entscheidungen abhängig. Die Zusammenarbeit mit dem Land war da immer gut. Wenn ich was sage, werde ich kritisiert, das ist kein Thema. Die Vereine haben oft nach Terminen gefragt. Diese Termine habe ich als eine Art Schallmauer genannt. Wir wussten: Wenn wir die nicht erreichen, wird's schwierig. Als die Zahlen stiegen, war klar, dass das Ganze nicht laufen kann. Es ist eben eine komplexe Situation. Wir haben immer gesagt: Wir entscheiden dann, wenn die Entscheidung auch inhaltlich tragbar ist, und nicht ins Blaue. Durch die Inzidenzzahlen war klar – und das war ein ganz wichtiger Punkt: Ein geregelter Spielbetrieb ist nicht mehr zu organisieren. Wenn es auch durch die Inzidenzzahlen in den Landkreisen keine einigermaßen gleichen Bedingungen gibt für die Mannschaften, dann kann man einen Wettbewerb so nicht durchziehen.
Gab es eine Alternative zur Annullierung, zum Beispiel wie in Bayern die alte Saison mit in die neue zu nehmen und so etwas wie eine Saison 2020-2022 zu spielen.
Das Thema wurde im Präsidium mal andiskutiert, aber wir haben das aus mehreren Gründen nicht weiterverfolgt. Ich bin ein Mann der Praxis. Viele Vereine sagen mir, damit können wir uns doch nicht mehr identifizieren, wenn man bis Ende Oktober ein paar Spiele gemacht hat und dann irgendwann wieder welche macht, die Saison ist doch rum. Oder auch das Wechselrecht, da müssen wir gar nicht groß drüber reden. Wir haben das Thema jetzt im Beirat überhaupt nicht mehr angesprochen. Ich habe beim letzten Mal gesagt: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende – und das sage ich jetzt auch wieder.
Der Rheinlandpokal soll aber noch durchgezogen werden. Darüber gab es, wie man hört, lebhafte Diskussionen am Freitag in einer Online-Konferenz. Sie haben eben von gleichen Bedingungen gesprochen. Sind die für den Pokal überhaupt noch möglich, wenn außer Regionalligist Rot-Weiß Koblenz niemand mehr spielt von den verbliebenen 37 Mannschaften?
Wir schreiben die Vereine jetzt an und fragen, was wir auch am Freitag wollten, ob sie weiterhin am Rheinlandpokal teilnehmen wollen. Unter bestimmten Bedingungen und immer unter der Voraussetzung, dass es zulässig ist. Hintergrund ist, dass ich von Vereinen durch Gespräche gehört hatte, dass sie eigentlich die Saison abgehakt haben und nicht für den Rheinlandpokal noch mal hochfahren wollen, was ich für vernünftig halte. Ich will auch, dass die Vereine ihr Geld aus dem Pokal bekommen, aber ich will auch ein Endspiel, weil ich einen Vertrag mit einem Sponsor habe, nach dem ich verpflichtet bin, ein Endspiel durchzuführen. Zu sagen, der Verband will nur Geld verdienen, deswegen sollen wir Fußball spielen, und die Gesundheit der Spieler wäre egal, ist eine bodenlose Frechheit. Die ARD hat klipp und klar gesagt: Verschieben geht nicht. Der Termin ist der 29. Mai. Wir müssen eine Lösung finden, dass wir ein Endspiel hinkriegen. Wir warten jetzt ab. Ich bin ja hoffnungsloser Optimist und hoffe, dass wir das schaffen. Wir denken intensiv darüber nach.
Blicken wir generell nach vorne: Gibt es schon konkrete Pläne, wann die kommende Saison beginnen könnte?
Auch da werden wir keine Entscheidung treffen. Wir haben bewusst noch keinen klassischen Saisonbeginn mit Spieltag festgelegt, weil wir nicht wissen, was möglich ist. Wir halten uns das offen, das wollen auch die Kreisvorsitzenden so. Es gibt viele Denkmodelle, auch mit zwei Staffeln und Play-off-Spielen wie in der Oberliga, das hat erhebliche Vorteile. Insofern ist da noch gar nichts entschieden. Wir haben Ende März, es wäre Spekulation zu sagen, wir beginnen im August oder September. Wir können keine Termine nennen und auch keine Spielsysteme, weil die von den Vorgaben abhängig sein werden.
Haben Sie Sorge, was die Zukunft des Fußballs betrifft? Ihr Südwest-Kollege Hans-Dieter Drewitz hat gesagt, der Fußball müsse sichtbar bleiben. Wie kann das funktionieren?
Also im Jugendbereich wollen wir auf jeden Fall was tun, wenn die Kinder wieder dürfen. Vielleicht im Vorfeld der EM eine kleine EM auf Kleinfeld vorspielen oder kleinere Turniere anbieten. Bei den Senioren könnten wir vielleicht ähnlich wie im Kreis Hunsrück/Mosel etwas in Form der Stand-by-Liga anbieten, die auf völlig freiwilliger Basis funktioniert und für die sich Vereine anmelden könnten, die sich im Spielbetrieb befinden. Das ist noch nicht zu Ende gedacht, aber so könnte man etwas in Wettkampfform anbieten. Immer vorausgesetzt, es gibt entsprechende Lockerungen. Vielleicht bekommt man auch lokale Turniere hin, wenn das Wetter besser wird. Es hängt auch davon ab, wie die ehrenamtlichen Mitarbeiter in den Kreisen mitmachen. Es gibt, welche, die brennen dafür, andere sagen: Ach, wir gucken einfach mal. Dass die Leute mürbe werden, ist die Gefahr. Ich selbst werde weiter hoffen und kämpfen.
Das Gespräch führte der Redakteur der Rhein-Zeitung Mirko Bernd
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Rhein-Zeitung