Fußballverband Rheinland plädiert für Ende der Saison – Aktueller Tabellenstand soll maßgeblich sein – Entscheidung im Mai
Koblenz. Die Zeit der wochenlangen Spekulationen ist zu Ende, der Fußballverband Rheinland (FVR) hat sich festgelegt, wie es aus seiner Sicht mit der Corona-Saison 2019/20 weitergehen soll. Ein Abbruch der Runde ist der klare Favorit. Eine Entscheidung ist damit aber noch nicht gefallen. Denn jetzt sind erst einmal die Vereine am Zug und sollen bis zum 27. April abstimmen, ob sie das Ende oder doch lieber eine wie auch immer geartete Fortsetzung der aufgrund der Corona-Pandemie zunächst „bis auf Weiteres“ unterbrochenen Spielzeit wollen. Das Ergebnis fließt dann in die Beratung des Beirats des Verbandes ein, der im Mai tagen und einen bindenden Beschluss fassen wird. Die Frage, ob es doch noch weitergeht – wie in anderen Landesverbänden – oder ob es eine Wertung nach aktuellem Tabellenstand mit Aufsteigern, aber keinem Absteiger geben wird, soll bis Mitte Mai, „vielleicht schon am 10. Mai“ beantwortet sein, wie Präsident Walter Desch (Alterkülz) im Rahmen der ersten Online-Pressekonferenz des FVR erläuterte. Die favorisierte Lösung, das machte Desch schnell deutlich, ist der Abbruch. „Diese Variante empfehlen wir den Vereinen“, sagte der Präsident und berief sich dabei auf die Rückmeldungen, die er in den vergangenen Tagen bekommen hat. In den ersten drei von mehreren noch folgenden Online-Dialogen seien von rund 70 Vereinsvertretern 90 Prozent für den „Abbruch nach dem derzeitigen Stand“ gewesen, berichtete Desch und fügte an: „Nur einer will die Saison weiterspielen.“ Die rechtliche Seite: Norbert Weise, der Rechtswart des FVR, verwies darauf, dass der Verband diese Lösung nur für den Fall präferiere, dass die Saison nicht bis zu ihrem regulären Ende am 30. Juni beendet werden kann. Da die Beschlüsse der Regierungen in Bund und Land sowie die Maßgaben der Ordnungsbehörden die Grundlage des weiteren Vorgehens bilden, ist dies aber nahezu ausgeschlossen. Also geht es um ein alternatives Szenario – und da fühlt sich der frühere Generalstaatsanwalt Weise mit der nun aufgezeigten Variante auf der sicheren Seite. „Ich sehe wenig Probleme“, sagte Weise mit Blick auf drohende Klagen. „Das Risiko ist nicht höher als bei allen anderen Szenarien.“ Eine absolute Rechtssicherheit gebe es aber nie.
War's das mit der Saison in den Klassen des Fußballverbandes Rheinland? Darüber stimmen in den nächsten Tagen die Vereine ab, die endgültige Entscheidung soll im Mai fallen. Foto: Jörg Niebergall
Die sportliche Seite: Bereits im Vorfeld hatte Walter Desch erklärt: „Wir können uns wahrscheinlich abschminken, dass es eine einheitliche Regelung für Deutschland geben wird.“ Und da es der DFB seinen Verbänden offen gelassen hat, einen individuellen Weg zu finden, schreitet der Präsident nun mit seinem Präsidium voran, „um den Vereinen Planungssicherheit zu geben“, wie er betonte. Konkret bezog sich der FVR-Präsident auf das von DFB-Vizepräsident Rainer Koch aufgebrachte bayerische Modell, das eine Fortsetzung, so möglich, ab dem 1. September vorsieht. „Die Leute wollen doch wissen, was los ist“, gab sich Desch basisnah. „Wenn wir jetzt weitermachen, dann ist die kommende Saison erst recht nicht zu planen.“ Denn nach dieser Variante sei es möglich, dass vom 1. September bis zum 15. November gespielt wird und dann ein oder zwei Wochen später bereits die neue Saison beginnt. „Da hast du keinerlei Möglichkeiten, auf sportlichen Erfolg oder Misserfolg zu reagieren“, kritisiert Desch.
Die organisatorische Seite: Das Modell des Abbruchs zum aktuellen Stand, das der FVR sowohl bei den Senioren als auch bei der Jugend und den Frauen vorsieht, sieht keine Absteiger vor, gibt Mannschaften aber die Möglichkeit, auf eine sportlich erreichte Ligenzugehörigkeit zu verzichten. In der Regel soll ein Team aufsteigen, bei Punktgleichheit und gleicher Anzahl absolvierter Spiele steigen die ersten beiden Mannschaft auf. Sind die beiden ersten Teams punktgleich, haben aber unterschiedlich viele Spiele absolviert, entscheidet der Quotient (Punkte geteilt durch die Anzahl der Spiele). „Gibt es Härtefälle, werden wir großzügig entscheiden“, kündigte der Spielausschussvorsitzende Bernd Schneider an – wohl wissend, dass es ohnehin schon zu vergrößerten Staffelgrößen kommen wird. Bis zu fünf Jahre könne es dauern, diese wieder auf die reguläre Stärke zu bekommen.
Die problematische Seite: Während der FVR den sofortigen Abbruch anstrebt, könnte die Saison eine Ebene höher fortgesetzt werden. Noch hat der zuständige Regionalverband Südwest nicht entschieden, wie es etwa mit der Oberliga weitergeht, wo aus dem Rheinland nur der FV Engers im Mittelfeld rangiert, dafür aber der FC Karbach und die Eisbachtaler Sportfreunde noch gegen den Abstieg kämpfen und die TuS Koblenz und Eintracht Trier vom Aufstieg träumen. „Es kann zu Härtefällen kommen“, ist Desch bewusst. Etwa dann, wenn Schlusslicht Eisbachtal auch rechnerisch nicht mehr zu retten wäre, aber erst noch seine Runde in der Oberliga zu Ende spielen müsste. „Dann würden wir sie trotzdem schon in unsere Rheinlandliga aufnehmen“, stellte der FVR-Boss unkonventionelle Ideen an. In der Oberliga könne stattdessen vielleicht die zweite Mannschaft spielen.
Als zweites Beispiel für einen denkbaren Sonderfall bei unterschiedlichen Entscheidungen nannte Desch die SG Mülheim-Kärlich als Tabellenführer der Rheinlandliga. Kommt es zum Abbruch auf FVR-Ebene, spielt aber die Oberliga weiter, dann hätte die Mannschaft vielleicht erst am 15. November ihr nächstes Spiel. „Das wäre ärgerlich“, sagte Desch und betonte: „Deshalb kämpfe und plädiere ich auch für einen Abbruch in der Oberliga.“ Die offene Seite: Die einzigen Spiele, die auch bei Abbruch vorerst nicht gestrichen werden sollen, sind die beiden Halbfinals und das Finale im Rheinlandpokal. „Notfalls spielen wir ohne Zuschauer“, stellte Bernd Schneider drei Geisterspiele in Aussicht. Denn hier – wie im Profibereich – geht es für die Vereine um bares Geld und den Sieger um die lukrative Teilnahme am DFB-Pokal.
Quotient aus Punkten und Spielen entscheidet
Wenn die Saison in den Spielklassen des Fußballverbands Rheinland (FVR) tatsächlich für beendet erklärt wird, entscheidet bei Punktgleichheit der Quotient aus absolvierten Spielen und erreichten Punkten über die Platzierung. Wir haben die für unsere Region maßgeblichen Tabellen entsprechend neu berechnet – mit dem Ergebnis, dass sich vor allem in der Frauen-Rheinlandliga eine entscheidende Verschiebung in der Endplatzierung ergibt: Der SV Holzbach, der ein Spiel weniger ausgetragen hat, überholt dank des Quotienten den punktbesten Verein FV Rübenach und sichert sich Meisterschaft und Aufstieg – wenn es denn am Ende wirklich so kommt.
Der Südwesten will Saison am 1. September fortsetzen
Während der Fußballverband Rheinland bevorzugt, die Saison abzubrechen, empfiehlt das Präsidium des Südwestdeutschen Fußballverbands (SWFV) seinen Klubs, die wegen der Corona-Pandemie ausgesetzte Saison nach der Sommerpause, frühestens am 1. September, fortzusetzen. Die Südwestklubs müssen sich bis zum 3. Mai dazu äußern. Nach diesem Meinungsbild will das SWFV-Präsidium dann eine Entscheidung treffen. Das Modell, das angelehnt ist an den bayerischen Vorschlag, ist an die staatlichen Vorgaben gekoppelt, da die Politik Großveranstaltungen bis zum 31. August verbieten möchte. Allerdings scheint es im Südwesten viele Vereine zu geben, die mit diesem Vorschlag nicht zufrieden sind. In Deutschland steht der SWFV nicht allein da: Der Fußballverband Mittelrhein (FVM) setzt die Saison bis zum 31. August aus, dann will er den Spielbetrieb aber wieder aufnehmen. FVM-Präsident Bernd Neuendorf: „Die Spielzeit soll nicht durch Gremien oder Verbandstage entschieden werden.“ Und auch der Verband in Niedersachsen will ähnlich verfahren.
Autor
Rhein-Zeitung