17.10.2020
Fußballverband Rheinland bezieht Stellung zu Absage-Strategie und Perspektiven im Spielbetrieb während der Corona-Zeit – Appell an alle Region.
Mit der zweiten Coronawelle kam in den zurückliegenden Wochen auch eine Absagenflut: Die steigenden Infektionszahlen hinterlassen auch ihre Spuren im Mannschaftssport. Absagen aufgrund von Coronafällen, Erstkontakten, Kontaktsportverboten und Quarantänemaßnahmen haben die Spielpläne in den Fußballligen gehörig auseinandergefleddert. Der Fußballverband Rheinland (FVR) bezieht gegenüber unserer Zeitung nun Stellung zu Fragen rund um Absagen, Entscheidungsgewalten und Perspektiven.
Durch Erstkontakte zu Corona-Infizierten, Kontaktsportverbote und Quarantäne-Maßnahmen hat die Anzahl der Spielabsagen in den zurückliegenden Wochen extrem zugenommen. Übersteigt die Summe bislang die Befürchtungen?
Da auch Experten kaum Prognosen wagen, sind auch wir gezwungen, auf Sicht zu fahren. Was die bisherigen Absetzungen angeht, sehen wir noch keinen Anlass zur Sorge – es war ja zu erwarten, dass auch der Fußball nicht von Auswirkungen der Corona-Pandemie verschont bleibt. Allerdings möchten wir darauf hinweisen, dass die Gefahren einer Infektion außerhalb des Spielfeldes lauern: Mehrere wissenschaftliche Studien deuten übereinstimmend darauf hin, dass sich ein Verbot von Fußball im Freien weder zielführend hinsichtlich der Eindämmung von Infektionszahlen auswirkt noch hinsichtlich der Zuordnung von Fußball zu den Kontaktsportarten zutreffend ist.
Nachdem zuletzt alle Spiele mit Mannschaften aus dem Kreis Neuwied abgesetzt worden waren, hat der Kreis nun das Kontaktsportverbot wieder aufgehoben. Ist diese Freigabe für den FVR ein entscheidendes Kriterium, die Spiele der Neuwieder Vereine an diesem Wochenende wieder zuzulassen?
Bei uns gilt nach einer Quarantäne oder Spielverbot eine Drei-Tages-Frist, damit sich die Vereine wieder auf den geregelten Spielbetrieb einstellen können. Deshalb können die Spiele am Wochenende durchgeführt werden.
Kontaktsportverbote werden von den Behörden lediglich für den Austragungsort der Spiele beziehungsweise Trainingseinheiten erlassen, nicht aber gegen die Vereine. Die hätten somit die Möglichkeit, in einem anderen Kreis zu trainieren und dort zu spielen. Wie steht der FVR der Variante gegenüber, die Auswärtsspiele dieser Teams stattfinden zu lassen?
Natürlich werden wir dies zulassen – hier kann es durchaus vorkommen, dass eventuell einmal das Heimrecht getauscht wird, um die Spielausfälle und die anschließenden Nachholspieltage wegen der daraus resultierenden Belastung so gering wie möglich zu halten.
Im Sommer hieß es, dass der FVR und die zuständigen Behörden gemeinsam über Entscheidungen beratschlagen, was Absagen angeht. Wie hat sich diese Zusammenarbeit bislang bewährt?
Hinsichtlich des Endspiels um den Rheinlandpokal sind alle Beteiligten einer Einladung des FVR gefolgt. Hier wurde eine akzeptable Lösung gefunden. Vom bevorstehenden Spielverbot im Kreis Westerwald/Wied wurde der FVR erst am Tag der Task Force-Entscheidung durch den Fußballkreis informiert. Hier hat der FVR seine Fußballkreise inzwischen auch dahin gehend sensibilisiert, dass flächendeckende Spielabsetzungen im Vorfeld mit der Verbandsführung abzustimmen sind.
Zuletzt wurde eine sehr konsequente Absetzungsstrategie gefahren. Wird diese so strikt fortgesetzt. Oder kann man sich vorstellen, die Kriterien etwas zu lockern?
Wir haben versucht, solange wie möglich keine Spiele abzusetzen. Wenn aber behördliche Anordnungen zu beachten sind und möglicherweise Ansteckungsgefahr für Spieler und weitere Beteiligte besteht, gehen wir auf Nummer sicher und setzen ab. Darüber hinaus erwarten wir die Veröffentlichung der genannten Studie von Prof. Tim Meyer spätestens für nächste Woche. Sollte – wovon auszugehen ist – diese eine Ansteckungsgefahr auf dem Platz praktisch ausschließen, werden wir uns natürlich noch stärker dafür einsetzen, dass weiterhin Fußball gespielt werden darf. Dabei müssen sich indes alle Beteiligten darauf verlassen können, dass außerhalb des Spielfeldes die Hygienestandards konsequent umgesetzt werden.
Viele Aktive tun sich schwer, den Quervergleich zu verstehen, dass zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen selbst in Corona-Risikogebieten der Spielbetrieb weiter andauert und auch die U 21-Nationalmannschaft kürzlich ihr EM-Qualifikationsspiel bestritt, nachdem ein Tag vor der Partie ein Spieler aus dem Team positiv getestet worden war. Wie bezieht der FVR zu diesem Quervergleich Stellung?
Mit solchen Quervergleichen tun wir uns gleichermaßen schwer. Auch der Schlingerkurs in Sachen Beherbergungsverbot stellt die Sportschule des FVR vor große Herausforderungen. Hier wünschen wir uns, bei allem Verständnis für die Dynamik, welche die Pandemie in den zurückliegenden Tagen entwickelt hat, verlässlichere Planungsgrundlagen.
Gibt es eine Grenze, bei der sich der FVR konkret die Frage stellt, ob der Spielbetrieb noch fortgesetzt werden kann?
Sicherlich gibt es Grenzen, aber diese haben wir noch nicht definiert. Wir werden versuchen, den Spielbetrieb solange wie möglich aufrecht zu halten. Und wir appellieren an die Spieler, die Vereine und Zuschauer, die Hygiene-Maßnahmen zu befolgen.
Autor
Rhein-Zeitung